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Am 17. September begaben sich die Teilnehmer:innen des sozialen Seminarfachs mit Frau Rezlaw auf eine etwas andere Stadtführung.

Alea Spiering hat einen Bericht darüber verfasst:

Es kann jeden treffen.

Viele denken, ihnen könne so etwas niemals passieren, doch ein einziger Schicksalsschlag kann ausreichen und dazu führen, sowohl die Arbeitsstelle als auch die Wohnung oder das Haus und sogar den Kontakt zur eigenen Familie zu verlieren. Wohnungs- und Obdachlosigkeit ist ein wichtiges Thema, womit wir uns im Sozialen Seminar beschäftigten. So kamen wir auch zu dieser Exkursion.

Was ist das Soziale Seminar?

Im Sozialen Seminar beschäftigen wir uns mit dem Thema „Gesellschaftliche Vielfalt“. Wir lernen verschiedene Menschen und ihre Vorgeschichten sowie die verschieden großen Lücken zwischen den unterschiedlichsten Gesellschaftsgruppen kennen. Wir sprechen über Vorurteile, wie diese zustande kommen und was dagegen getan werden kann, um sich mit mehr Verständnis und Aufgeschlossenheit zu begegnen und sich gegenseitig zu helfen. So haben wir uns auch auf diese Exkursion vorbereitet.

Unsere Gruppe war sehr gespannt und interessiert an den Informationen und Einblicken, die wir durch diesen Ausflug erhalten sollten.

Eine etwas andere Stadtführung

Am 17. September 2025 starteten wir am Osnabrücker Dom, einem Ort, wo sich normalerweise viele Obdach- und Wohnungslose aufhalten. Dort trafen wir auf eine ehemalige Obdachlose und zwei Mitarbeiterinnen der Wohnungslosenhilfe, dem SKM. Sie erklärten uns zunächst die Bedeutung des Doms für diese Menschen, die über viele Jahre in die Vergangenheit reicht, da ihnen die Kirche schon früher oft geholfen hat. Daraufhin erfuhren wir, dass es über 500.000 Wohnungslose und über 40.000 Obdachlose in Deutschland gibt. Allein in Osnabrück leben ca. 600 Wohnungslose und ca. 120 Obdachlose, wobei sich diese Zahl in den vergangenen sechs Jahren vervierfacht hat.

Von dort aus ging es weiter zur Hase, wo wir lernten, dass diese oft als „Rückzugsort“ gilt und den Menschen Ruhe bietet. An dieser Stelle stehen zudem einige Bänke ohne Armlehnen, auf denen Personen ohne Schlafmöglichkeit liegen bzw. schlafen können. Inzwischen, so haben wir erfahren, sind solche Bänke eine Ausnahme, da viele nicht möchten, dass die Bedürftigen in der Stadt auf den Bänken liegen, wodurch es heutzutage viele Umbauten gibt, die dies nicht mehr möglich machen. Ein weiteres Problem sind die Wohnmöglichkeiten. „Städte sind verpflichtet, allen Menschen eine Unterkunft zu bieten“, berichtete eine der Mitarbeiterinnen. Diese Unterkünfte befinden sich jedoch oft in einem schlechten Zustand oder sie haben keine Kapazitäten mehr frei. Dazu fehlen fast eine Million Sozialwohnungen in Deutschland. Dies und der Fakt, dass die Wohnräume immer teurer werden, sorgen dafür, dass viele Menschen keine Wohnung bzw. kein Haus haben und sich keine Unterkunft leisten können. Die ehemalige Obdachlose berichtete, dass die Wohnungs- und Obdachlosen oft Monate bis Jahre auf eine Wohnmöglichkeit warten müssen. Viele Institutionen verbieten allerdings Haustiere, weshalb die Suchenden, die mit ihren Haustieren auf der Straße leben, dieses Angebot größtenteils ablehnen müssen, da ihre Tiere für sie oft die einzige Familie bzw. ihre einzigen Freunde sind. Diese Aussage berührte viele von uns, da die Bedürftigen die Möglichkeit aufgeben, ein Dach über dem Kopf zu haben, um ihre Haustiere nicht zu verlieren oder zu vernachlässigen. Auf die Frage, wie lange es ungefähr dauert, bis man obdachlos sei, antwortete die ehemalige Obdachlose: „Es kann sehr schnell gehen“. Oftmals reiche eine einzige Sache, die eine Kettenreaktion auslöse, sodass man sehr schnell sehr viel verliere.

Die nächste Station war das Benediktinerkloster. An diesem Ort gibt es alle zwei Wochen eine Lebensmittelausgabe für Bedürftige und früher gab es hier auch Schlafmöglichkeiten in einem Schuppen. Vor dem Kloster, in der Nähe einer Brücke, befindet sich ein Gedenkstein für Verstorbene Wohnungs- und Obdachlose, welcher vor wenigen Jahren nach einem tragischen Todesfall unter dieser Brücke errichtet wurde. Die Mitarbeiterinnen der Obdachlosenhilfe schilderten, dass viele dieser Menschen eine ordnungsrechtliche Bestattung durch die Stadt erhalten. Um ihnen eine würdevollere Beerdigung mit Gottesdiensten zu ermöglichen, hat das SKM Osnabrück in Voxtrup auf dem Friedhof ein Gräbermal gemietet. Da bei vielen Obdachlosen die sozialen Kontakte wegbrechen, kommen diese häufig leider auch nicht zu den Beerdigungen.

Zum Schluss gingen wir zum SKM Osnabrück. Dieses besteht aus der Tageswohnung, wo die Bedürftigen Essen bekommen und sich und ihre Kleidung waschen oder sich etwas von den Spenden, wie z.B. Lebensmitteln, Kleidung, Schlafsäcke oder Decken, nehmen können. Den Wohnungs- und Obdachlosen wird hier zudem die Möglichkeit geboten, „einfach anzukommen“ und etwas Ruhe zu finden, wie eine der Mitarbeiterinnen uns erklärte. In der Fachberatungsstelle können sich die Hilfebedürftigen melden und erhalten von den verschiedenen Mitarbeiter/- innen Unterstützung, wie z.B. beim Stellen von Anträgen. Hier sind sie unter sich und umgeben von helfenden Personen. Allerdings fällt es vielen Bedürftigen schwer, sich in der Obdachlosenhilfe zu melden, da sie sich oft schämen und es sie viel Überwindung kostet, sich einzugestehen, dass sie es allein nicht schaffen.

Was wir mitnehmen

Durch diese Exkursion und die Behandlung bzw. Befassung mit dem Thema, konnten wir viel lernen. Unerwartete Situationen oder Veränderungen im Leben können derart einschlagen, dass Menschen das verlieren, was vorherselbstverständlich erscheint: ein Heim, die Familie und Freunde, und somit Unterstützung. Denn es kann jeden treffen. Zudem haben viele Wohn- und Obdachlose mit Vorurteilen und Ausgrenzung zu kämpfen, was ihnen das Leben noch weiter erschwert und sie möglicherweise noch weiter isoliert. 

So möchten wir den Obdachlosen und Wohnungslosen ohne Vorurteile und aufgeschlossen begegnen. Eine Schülerin unserer Gruppe erzählte in der Reflexion: „Ich möchte nicht mehr wegschauen, wenn ich Obdachlose sehe, sondern ich möchte auf sie zugehen, ihnen Hilfe anbieten oder einfach mit ihnen reden.“ Dazu werden wir eine Spendenaktion für das SKM am Gymnasium Bad Iburg starten, um die Obdachlosenhilfe zu unterstützen und den Wohnungs- und Obdachlosen zu helfen. Jeder kann helfen und dabei ist es nicht wichtig, wie groß die Spende oder die gute Tat ist, denn jede noch so kleine Art von Hilfe - und sei es nur ein freundliches Wort - trägt etwas bei und kann für einen Menschen viel verändern oder ihnen den Tag verschönern. 

Wer nun auch helfen möchte, kann gut erhaltene Schlafsäcke in der Schule bei Frau Rezlaw abgeben. Diese werden dann vom SKM an die Betroffenen weitergeleitet. Schlafsäcke werden dringend gebraucht, vor allem bei den niedrigen Temperaturen. 

 

Alea Spiering, Jahrgang 12

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